VERSICHERUNG HAT NICHT GENUG GELD

Kosten für Folgen eines Verkehrsunfalls von 1979 übersteigen Versicherungssumme von 170.000 Euro.
Der damals 20-jährige Motorradlenker wurde 1979 bei der Kollision mit einem Auto auf der Schwarzachtobelstraße zwischen Schwarzach und Alberschwende schwer verletzt. Er brach sich dabei die Hüfte, das linke Schienbein und die linke Kniescheibe. Die medizinischen und damit verbunden die finanziellen Folgen des Verkehrsunfalls beschäftigen 38 Jahre später nach wie vor Zivilgerichte. 1982 urteilte das Landesgericht Feldkirch, dass den Autofahrer vier Fünftel der Schuld an dem Unfall treffen. Das Gericht machte den Autolenker und dessen Haftpflichtversicherung gemeinsam im Umfang von vier Fünfteln für alle Unfallfolgen haftbar. Die Haftung der Versicherung wurde jedoch mit der Höhe der Versicherungssumme zum Unfallzeitpunkt beschränkt, also mit 2,4 Millionen Schilling, umgerechnet rund 172.000 Euro.

Arbeitsunfähig. Davon hat die Haftpflichtversicherung bislang rund 100.00 Euro bezahlt, hauptsächlich für Schmerzen geld. Denn der klagende Motorradfahrer musste sich im Laufe der Jahrzehnte mehreren unfallbedingten Operationen unterziehen. 2008 erhielt er eine künstliche Hüfte, 2010 eine Knieprothese. Wegen des Unfalls musste sich der Glaser zum Eisenbahn-Mitarbeiter umschulen lassen, was mit zu ersetzenden Verdienstentgängen verbunden war. Das 1959 geborene Unfallopfer ist seit 2012 arbeitsunfähig und bezieht seither eine Invalidenpension.

Geld reicht nicht. Im derzeit anhängigen Schadenersatzprozess stellte das Innsbrucker Oberlandesgericht (OLG) einen Deckungssummenkonkurs der Haftpflichtversicherung fest: Die verbleibenden 72.000 Euro aus der Versicherungsdeckungssumme reichen zur Befriedigung aller Forderungen nicht aus. Denn die zu erwartenden zukünftigen Zahlungen an Opfer, GKK und Ex-Arbeitgeber dürften nach den Berechnungen des OLG 258.000 Euro betragen. Das Berufungsgericht verpflichtete die Versicherung deswegen nur anteilsmäßig zu 28 Prozent der künftigen Schadenersatzzahlungen. Der rechtlich für alles haftende Autofahrer kann nichts zahlen, weil er laut OLG über kein pfändbares Einkommen und kein verwertbares Vermögen verfügt. Das OLG ließ eine ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) zur Frage zu, wie bei der Verteilung der noch vorhandenen Versicherungsgelder an Opfer, GKK und Arbeitgeber vor allem die Interessen des Unfallopfers zu berücksichtigen seien. Opferanwalt Stefan Denifl erwartet sich vom Höchstgericht in Wien eine Entscheidung, die seinen Mandanten vor der GKK und dem Ex-Arbeitgeber finanziell bevorzugt.

Dr. Stefan Denifl
Dornbirn, 13.06.2017

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