SCHMERZENGELD: 90.000 EURO FÜR KÜRZERES, ABER AKTIVES LEBEN
29.08.2016
Schmerzengeld: 90.000 Euro für kürzeres, aber aktives Leben
Ein Mann muss wegen eines Behandlungsfehlers im Spital mit dauerhaften Schmerzen leben und mit einer stark verringerten Lebenserwartung fertig werden. Der Oberste Gerichtshof bremst trotzdem beim Schmerzengeld.
Die Vorgeschichte:
Der Mann, damals knapp über 30, ging wegen starker Schmerzen in der linken Schulter ins Spital. Dort stellte man – außer atraumatischer (verletzungsfreier) Schulterschmerzen - nichts fest. Vor allem nicht ein akutes Koronarsyndrom (eine Herz-Kreislauf-Erkrankung), das drei Tage später zu einem Infarkt führte und das Herz des Mannes irreversibel schädigte. Hätte man den Regeln der ärztlichen Kunst gemäß die Schmerzen besser abgeklärt und die Probleme am Herzen erkannt, hätte man eine Therapie einleiten müssen, um die Durchblutung des Herzmuskels wiederherzustellen. So wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit der Herzinfarkt samt Folgeschäden verhindert worden.
Opfer wollte 200.000 Euro
Dass die beklagte Stadt als Spitalserhalter für den angerichteten Schaden einstehen muss, steht längst fest. Die Frage war nur noch, wie hoch die Schmerzen zu bewerten waren; 50.000 Euro, die der Mann bereits überwiesen bekam, waren ihm jedenfalls zu wenig. Mit Blick auf die vorhandene und zunehmende Schmerzbelastung und auf die zu befürchtende Verkürzung seines Lebens verlangte er weitere 150.000 Euro.
Nicht ganz so viel, aber immerhin 100.000 Euro sprach das Landesgericht Feldkirch ihm zu. Während auch das Oberlandesgericht Innsbruck damit das gerichtliche Ermessen gewahrt sah, hielt der OGH den Betrag für zu hoch. Das Schmerzengeld wurde auf Euro 90.000 reduziert. Dies vor allem im Vergleich dazu, was andere Opfer nach der bisherigen Rechtsprechung erhalten haben.
„Auch wenn der Kläger in relativ jungem Alter mit einer 50%igen Verringerung der Leistungsfähigkeit, den täglichen Schmerzen sowie dem Wissen um eine deutlich verkürzte Lebenserwartung konfrontiert ist, ist ihm noch eine aktive und selbstbestimmte Lebensgestaltung möglich“, führte der Gerichtshof zur Begründung aus. Die Teilnahme am familiären und beruflichen Leben sei dem Mann noch immer möglich.
Dr. Stefan Denifl, August 2016